Deutschland
Seit Ende letzten Jahres sinken die Inflationsraten langsam. Die Zinserhöhungen könnten erste Wirkung entfalten. Für ein finales Fazit ist es noch zu früh, da die Kerninflationsrate, also die Inflationsrate ohne Energie und Lebensmittel, weiter ansteigt. In diesem Jahr werden Basiseffekte - die höhere Preisbasis - die Rate zusätzlich nach unten drücken. Die Zinserhöhungen führen andererseits zu einem geringeren Wirtschaftswachstum und so ist eine leichte Rezession im laufenden Jahr möglich. Die Notenbanken stehen vor der schweren Aufgabe die Inflation durch höhere Zinsen zu bekämpfen, ohne eine Wirtschafts- bzw. Finanzkrise auszulösen. Aktuell gehen viele Marktteilnehmer davon aus, dass die Inflation längerfristig über der Zielmarke von 2% bleiben wird. Dafür spricht, dass mittlerweile erste Zweitrundeneffekte* zu beobachten sind, zum Beispiel in Form von Tarifabschlüssen. Mittelfristig wirken unter anderem die Gebäudesanierungspläne oder auch die Dekarbonisierung als Inflationstreiber.
In den letzten Jahrzehnten konnten wir von der Globalisierung/Internationalisierung und den damit einhergehenden deflatorischen Produktionsverlagerungen profitieren. Dieser Trend kehrt sich um, da die Kehrseite in Form von Abhängigkeiten - nicht zuletzt durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine - zu Tage getreten ist. Die Aktienmärkte konnten sich von den Einflüssen des Ukrainekriegs und der damit einhergehenden befürchteten Energieknappheit erholen und steigen seit dem 3. Quartal 2022. Wir rechnen aufgrund der Unwägbarkeiten mit weiterhin höheren Schwankungen aber dennoch leicht steigenden Börsen.
*Als Zweitrundeneffekte werden die Reaktionen von Marktteilnehmern auf Erstrundeneffekte bezeichnet, z. B. auf einen bereits erfolgten Anstieg der Preise einzelner Produkte oder Dienstleistungen.
Europa
Die EZB hat die Zinsen in Europa erhöht. Der aktuelle Leitzins liegt bei 3,5%. Ziel der EZB ist es, die Inflation im EUR-Raum zu bekämpfen. Hierbei ergeben sich Zielkonflikte, denn sie muss neben der Inflationsbekämpfung auch dafür sorgen, dass sich die Staaten weiter refinanzieren können. Daher hat sie bereits im vergangenen Jahr ein Instrument geschaffen, das es ihr ermöglicht in Anleihen von Staaten zu investieren, wenn sich deren Zinssätze aufgrund von Spekulationen ausweiten. Im laufenden Jahr wird die EZB beginnen ihren Anleihebestand zu verringern. Dies wird in sehr kleinen Schritten erfolgen. Die Zinswende wird Markteilnehmern zufolge im ersten Halbjahr dieses Jahres beendet sein. Die Inflationsraten im EUR-Raum stagnieren, bzw. fallen leicht, wobei die Kerninflationsrate (Inflation ohne Energie und Lebensmittel) auf einem aktuell hohen Niveau (über 5%) verharrt. Dies deutet darauf hin, dass die Inflation breit getragen ist und sich Zweitrundeneffekte einstellen. Die EZB muss hier den Balanceakt vollbringen die Zinsen genügend anzuheben, um die Inflation zu bekämpfen und nicht zu stark anzuheben, um nicht die Konjunktur abzuwürgen. Wir gehen davon aus, dass die Inflation weiter deutlich über der Zielmarke von 2% liegen wird. Auch für die europäischen Indizes sind wir im laufenden Jahr vorsichtig optimistisch. Im Rentenbereich tendieren wir aufgrund der aktuell inversen Zinskurve – d. h. Zinsen sind für kurze Laufzeiten höher als für lange - zu bonitätsstarken kurzlaufenden Anleihefonds.
USA
In den USA bekämpft die Notenbank FED die Inflation entschiedener. So liegt der Leitzins aktuell bei 4,75% bis 5%. Der recht steile Zinsanstieg hat zu Problemen bei kleineren und eher regionalen Banken geführt. So musste die Silicon Valley Bank geschlossen werden. Es kam in den vergangenen Wochen zu höheren Mittelabflüssen, was die Bank dazu zwang, ein größeres Staatsanleihen Portfolio mit Verlust zu veräußern. Problematisch wurde also, dass Kundengelder in langfristige Staatsanleihen investiert wurden und diese aufgrund der Zinswende im Kurs einbüßten. Dies führte zu einem Bank Run - allein am letzten Tag sollen 42 Mrd. EUR aus der Bank geflossen sein. Im Ergebnis wurde die Bank am 10.03.2023 geschlossen und die Einlagen durch den Staat garantiert. Wir gehen daher davon aus, dass auch die FED den Zinserhöhungszyklus im ersten Halbjahr 2023 beendet. Marktteilnehmer gehen von einem Leitzins von maximal 5,5% aus. In den folgenden Monaten wird die Notenbank beobachten, ob diese Zinserhöhungen ausreichen, um die Inflation nachhaltig zu senken. Auch für die USA erwarten wir im laufenden Jahr zwar sinkende Inflationsraten, insgesamt bleiben diese aber deutlich über 2%. Auch die FED steckt in dem Dilemma, dass Sie eine stärkere Rezession verhindern will und gleichzeitig Inflation bekämpfen muss. Die Anleihemärkte signalisieren - genauso wie in der EUR-Zone - eine Rezession, da die Zinskurven invers sind.
Asien/Schwellenländer
Sofern die Industriestaaten in eine Rezession driften, ist davon auszugehen, dass deren Nachfrage nach Gütern aus den Schwellenländern abnimmt. Somit sind die Konjunkturaussichten verhalten. Auch wenn die Öffnung der chinesischen Wirtschaft die Nachfrage nach Gütern und Bodenschätzen teilweise auffangen kann, kann sich das globale Wirtschaftswachstum dennoch verlangsamen. Hinzu kommt, dass viele Staaten durch eine strengere Wirtschaftspolitik die Konjunktur zusätzlich belasten. Auch in den Schwellenländern gehen wir davon aus, dass der Höhepunkt der Inflation überschritten ist. Dominierend ist gerade in Asien der Konflikt zwischen den USA und China. Dies kann auch weiterhin belasten. Vorteilhaft können allerdings die aktuell günstigen Aktienbewertungen sein und auch die Zinshochs in den Industriestaaten. Insgesamt erwarten wir weiterhin hohe Schwankungen bei Aktien aus Schwellenländern, so dass wir bei Investments zurückhaltend sind und diese nur in offensiven Portfolien beimischen.
Zusammenfassend stellen wir Folgendes fest:
Im Aktienbereich sollte weltweit in Titel investiert werden, die ein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen können. Schwerpunkte sollten demnach Unternehmen mit soliden Dividenden und möglichst konjunkturunabhängigen Geschäftsmodellen sein. Wir finden Unternehmen aus den Branchen Basiskonsum oder auch aus der Pharmaindustrie interessant. Auf der Rentenseite sind Fonds, die in kurzlaufende Papiere oder auch variabel verzinsliche Anleihen investieren, beachtenswert. Im Mischfondsbereich tendieren wir zu flexiblen bzw. auch ausgewogenen Investmentansätzen. Beimischungen im Technologiesektor oder auch in Schwellenländerfonds können für gewinnorientierte bzw. spekulative Anleger nach wie vor interessant sein, soweit ein annehmbares Kurs-/Risikoverhältnis besteht.
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