Der Begriff "Entnahmeplan" klingt nach Verpflichtung, Laufzeit und nach Geld, das weniger wird, weil offenbar entnommen. Doch das Gegenteil ist zutreffend, denn ein Entnahmeplan bietet Anlegern sogar ein hohes Maß an Flexibilität, um auf Änderungen im Leben reagieren zu können. Währenddessen "arbeitet" das Geld trotz regelmäßiger Entnahmen weiter. Im Regelfall kann die Anlagesumme sogar wachsen.
Frau Dietz, für welchen Anlegertyp könnte ein Entnahmeplan interessant sein?
Grundsätzlich für jeden Investor, der regelmäßige Kosten oder Ausgaben decken will und dafür Erträge aus seinem Gesamtportfolio verwenden möchte. Das gilt beispielsweise für Mieter mit Kapitalvermögen oder für Eltern und Großeltern, die ihre Kinder oder Enkel unterstützen wollen. Ob man der konservative oder ein mehr spekulativer Anlegertyp ist, spielt dann eher bei der konkreten Ausgestaltung des Entnahmeplans eine wichtige Rolle.
Welche Entnahmestrategien gibt es?
Grundsätzlich gibt es zwei Strategien. Bei der Variante „Kapitalerhalt“ werden nur die vom Kapital erwirtschafteten Erträge (Kursgewinne und Ausschüttungen) ausgezahlt. Bei der Variante „Kapitalverzehr“ werden neben den erwirtschafteten Erträgen auch Teile des Vermögens so lange ausgezahlt, bis die gesamte Anlagesumme und die Kursgewinne im Depot aufgezehrt sind. Der monatliche Auszahlungsbetrag kann dabei individuell festgelegt werden.
Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, um einen Entnahmeplan einrichten zu können?
Bei finvesto benötigen Kunden ein Mindestkapital von 5.000 Euro und die Auszahlungsraten müssen über 125 Euro liegen – dann kann man loslegen! Mir ist allerdings wichtig zu betonen, dass diese Depotfunktionalität – denn nichts anderes ist ein Entnahmeplan technisch gesehen – relativ schwer alleine umsetzbar ist. Denn es gibt einige essenzielle strukturelle Vorüberlegungen, die man besser im persönlichen Beratungsgespräch erörtern sollte. Deshalb sollte man sich vorab überlegen, welcher Risikotyp man ist, ob das Kapital für die regelmäßige Entnahme aufgezehrt werden darf oder nicht, und wie lange sowie in welcher Höhe die regelmäßigen Auszahlungen fließen sollten. Diese Eckdaten brauchen wir als Basis für das individuelle Beratungsgespräch, in dem dann auch die Tauglichkeit der momentanen Portfoliostruktur für den Entnahmeplan gecheckt wird.
Was meinen Sie damit genau?
Ganz einfach: Im Idealfall sorgen beispielsweise Aktien- oder Mischfonds für die Erträge, die dann in einen defensiven, „konservierenden“ Portfoliobaustein, z. B. einen Rentenfonds, fließen und von dort ausgezahlt werden. Sie benötigen also normalerweise mehrere Fonds, um einen sinnvollen Entnahmeplan zu gestalten. Durch eine gute Diversifizierung können sie für die nötige Wertentwicklung des Gesamtportfolios sorgen – sozusagen eine Voraussetzung für einen gut funktionierenden Entnahmeplan – und zugleich etwaige Kursschwankungen über die Zeit kompensieren. Das ist im Übrigen generell eine clevere Strategie, die alle langfristig orientierten Kapitalanleger beachten sollten, auch wenn sie keinen Entnahmeplan benötigen.
Wie könnte so ein idealtypisches Portfolio denn aussehen?
Immer auf mehrere „Pferde“ setzen: Am besten eine Kombination aus vielen Fonds, wobei die Zusammenstellung hinsichtlich Aktien-, Misch- oder Rentenfonds vom Anlegertyp abhängt. Ein konservativer Anleger würde rund 30 % in Aktien- und Mischfonds halten, den Rest in mehreren Rentenfonds. Beim spekulativen Anleger hingegen wären 70 % auf mehrere Aktienfonds verteilt, etwa einen für US-Aktien, einen anderen für europäische Dividendentitel und dann beispielsweise noch ein nachhaltiges Aktienportfolio – flankiert von mehreren Misch- und Rentenfonds. Solche Mischungen können das Vermögen insgesamt weniger schwankungsanfällig machen.
Wie wird nun die regelmäßige Entnahme aus dem Portfolio gestaltet?
Damit nicht die Portfoliobestandteile, die für die Wertentwicklung „zuständig“ sind, durch regelmäßige Entnahmen ausgebremst werden, zahlt man aus einem der konservativen Elemente aus – zumeist einem Rentenfonds. Der Rest des Kapitals kann dann weiter „arbeiten“. Klar ist: Wer auf Kapitalerhalt setzt, kann maximal nur so viel auszahlen lassen, wie das Gesamtportfolio über den Startbetrag hinaus erwirtschaftet. Wer einen Kapitalverzehr wählt, ist bei der Höhe des Auszahlbetrages natürlich weniger limitiert. Wir helfen übrigens im Berater-Team gerne weiter, wenn es darum geht, hier realistische Beträge abzuschätzen. Ist dann der Rentenfonds, für den die monatlichen Entnahmen eingerichtet wurden, aufgebraucht, sollte man sich wieder mit seinem Berater in Verbindung setzen und die Auszahlungsmodalitäten im Depot neu bestimmen. Generell raten wir Entnahmeplankunden, sich mindestens einmal im Jahr zu melden, um zu prüfen, ob die Strategie noch passt.
Welche Vorteile sehen Sie aus Kundensicht in einem Entnahmeplan?
Allen voran die Flexibilität! Denn das Leben hält doch ständig Überraschungen parat. Und ein Entnahmeplan wird dann einfach angepasst: Sie können jederzeit über das gesamte Kapital verfügen, Sie können einen anderen Begünstigten eintragen – etwa Ihre Tochter oder die „Schwiegermama“. Die Höhe der Beträge ist jederzeit variabel, es gibt keine Laufzeiten und auch die Fonds können natürlich geändert werden. Ein Entnahmeplan ist also keine Versicherung, bei der Sie sich langfristig vertraglich binden müssen.
Was sagen Sie Kunden, die ein solch vergleichsweise komplexes Depot-Feature scheuen?
Das klingt alles komplizierter, als es in der Praxis ist! So etwas klären wir in der Regel innerhalb eines normalen Beratungsgesprächs, das ja von Zeit zu Zeit eh ansteht. Außerdem gibt es auch noch einen Tipp für Leute, die sich nicht lange mit der Zusammenstellung mehrerer Fonds aufhalten und hier gezielt „abkürzen“ wollen: Unsere standardisierte Vermögensverwaltung fintego Managed Depot bietet eine Mischung aus Aktien und Anleihen verschiedener Regionen sowie Anlageklassen innerhalb einer von fünf Strategien – auch hier kann man problemlos regelmäßige Entnahmen einrichten.