Deutschland
Im zweiten Quartal wurden im deutschen Leitindex wie erwartet weitere Rekordhochs erreicht. Ausschlaggebend war hier vor allem die weiter anhaltende Erholung der Wirtschaft – trotz Lockdown – und die weiterhin expansive Geldpolitik der Notenbanken. Im ersten Quartal berichteten wir über die Umschichtungen von Wachstumsaktien (Growth) in werthaltige Aktientitel (Value), aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus. Im zweiten Quartal setzte eine Gegenbewegung am Zinsmarkt ein, so dass Growthtitel wieder gesucht waren. Aufgrund des weiterhin anhaltenden Anlagenotstandes, aufgrund fehlender Alternativen, in Kombination mit der verschärften Einführung von Verwahrentgelten auf Bankguthaben, wird sich die Zahl der Aktien- und Fondsanleger voraussichtlich weiter vergrößern.
Mit Blick auf das dritte Quartal erwarten wir, dass Umschichtungen in klassische Valuetitel wieder anziehen könnten. Da im DAX überwiegend Value-Werte gelistet sind, kann das deutsche Leitbarometer deutlich von dieser Entwicklung profitieren. Gründe hierfür können steigende Inflationsraten und wieder ansteigende Renditen bei Anleihen sein. Da auch die sogenannte „Old-Economy“ von einer Lockerung des Lockdowns und gänzlichen Wiederöffnung der Wirtschaft profitiert, halten wir weiterhin neue Rekordstände im deutschen Aktienmarkt für möglich. Die Schwankungen (Volatilität) werden im dritten Quartal vermutlich zunehmen, da die Gefahr einer weiteren Corona Welle („Deltamutante“) zu erneuten Einschränkungen und damit zur Beeinflussung der Wirtschaft führen kann. Allerdings könnten tendenziell steigende Unternehmensgewinne den Markt teilweise nach unten abfedern, da höhere Gewinne auch höhere Aktienpreise rechtfertigen können. Auch die Bundestagswahl kann temporäre Einflüsse auf die Entwicklung des deutschen Aktienmarktes haben.
Europa
In Europa setzt sich die wirtschaftliche Erholung weiter fort. Aufgrund der niedrigeren Infektionszahlen wurden in vielen Ländern Einschränkungen zurückgenommen, was sich weiterhin positiv auf den Konsum auswirken sollte. Die Europäische Zentralbank betont die Finanzierungsbedingungen und damit die Zinsen niedrig zu halten. Das Inflationsziel der EZB wurde hierzu angepasst. Bisher wurde Preisstabilität mit einer Inflationsrate unter aber nahe 2% definiert. Die neue Definition beinhaltet nur noch die Formulierung „nahe 2%“. Somit kann die Notenbank weiter expansiv agieren, selbst wenn die Inflation temporär über 2% steigen sollte. Sowohl die EU-Kommission als auch die EZB sehen die Inflationsentwicklung als kurzfristig an und gehen im nächsten Jahr von eher geringeren Inflationsraten aus.
Wir bleiben weiterhin dabei, dass Deutschland die europäische Erholung anführen könnte. Aus diesem Grund bevorzugen wir immer noch eine Investition in deutsche Aktien gegenüber den europäischen Werten. Dennoch lassen sich auch für den europäischen Aktienmarkt positive Vorzeichen erkennen und damit einen Anlageerfolg für das dritte Quartal. Auch wenn vereinzelte Länder aktuell wieder in strenge Lockdowns zurückkehren, so kann die Geldpolitik und auch die Fiskalpolitik einen größeren wirtschaftlichen Schaden abfedern. Auch für die europäischen Aktienmärkte sehen wir im 3. Quartal eine höhere Volatilität, nicht zuletzt aufgrund des noch unsicheren Pandemieverlaufs und der bereits gestiegenen Kurse.
USA
In den USA zeigen die Stimuli Maßnahmen Wirkung. So wächst die Wirtschaft kräftig und die Aktienmärkte erreichen neue Höchststände. Gleichzeitig zieht die Inflation kräftig an. Dies ist neben den Wirtschaftshilfen auch auf Produktions- und Lieferengpässe zurückzuführen. Die Inflationsrate stieg im Juni auf 5,4%. Die sogenannte Kerninflationsrate, bei der stark schwankende Energie- und Nahrungsmittelpreise ausgeklammert werden, stieg auf 4,5%. Die US-Notenbank sieht den starken Preisanstieg bisher nur als „vorübergehend“ an.
In der Folge sollten im 3. Quartal die Zinsen wieder stärker ansteigen, was den Technologiesektor wiederum belasten könnte. Ausnahmen könnten die sogenannten „FANG“-Aktien darstellen. Hierunter versteht man die Aktien von Facebook, Amazon, Netflix, Google (Alphabet), in einer etwas weiteren Definition gehören auch Microsoft und Apple dazu. Diese Unternehmen verfügen über sehr starke Marktmacht (teils fast monopolartig) und profitieren massiv vom gesellschaftlichen Wandel.
Generell sehen wir auch weiterhin Chancen auf Kurssteigerungen an den amerikanischen Börsen. Zwar sind die Kurs-Gewinnverhältnisse im Vergleich zu beispielsweise Dax Aktien deutlich höher, diese beruhen aber auf den letztjährigen Gewinnen. Auf Basis der zu erwartenden Gewinne scheinen amerikanische Aktien nicht überteuert zu sein. Spannend wird hier die aktuell beginnende Berichtsaison. Für Schwankungen und Rücksetzer können die bekannten Faktoren beitragen. Hier zu nennen ist die Coronapandemie (Delta-Variante) oder auch eine ausufernde Inflation, die die Notenbank zwingt, früher die Zinsen anzuheben bzw. weniger Anleihen zu kaufen.
Asien
Die meisten asiatischen Ländern konnten die Pandemie per heute gut in den Griff bekommen. Japan ist ein Sonderfall, da hier neue Beschränkungen aufgrund der geringen Impfquote in Verbindung mit einer relativ alten Bevölkerung beschlossen wurden. Dies wird unter anderem über den jüngst beschlossenen Zuschauerverbot bei den Olympischen Spielen deutlich. Dennoch lagen wir mit unserer vorsichtigen Haltung gegenüber den Schwellenländern und China richtig, da andere Märkte eine deutlich bessere Rendite abwerfen konnten. Auch in den Entwicklungsländern hatten die steigenden Renditen der US-Staatsanleihen Auswirkungen, da der Risikoappetit der Investoren zurückging und Kapital abgezogen wurde. Ein weiterer Belastungsfaktor könnten die Wechselkursentwicklungen darstellen
Da die Mitte des ersten Quartals begonnene Entwicklung anhalten dürfte, sehen wir gerade Schwellenländer weiter unter Druck. Hier könnte weiterhin Geld aus diesen Ländern fließen und die Notwendigkeit der Investoren Rendite zu höherem Risiko zu erwirtschaften, schwinden. Langfristig sollten sich hier auch Chancen für Einstiege ergeben. Grundsätzlich muss auch hier die Entwicklung und auch das Zusammenspiel der globalen Märkte genau beobachtet werden. Gerade in China sollten Investoren auch die politische Entwicklung im Blick behalten, da es zu Handelsverboten oder anderen Einschränkungen kommen kann, wie die kürzlich verhängten Sanktionen gegen die Regierungsvertreter aufgrund von Menschrechtsverletzungen.
Abschließend bleibt diesmal festzuhalten:
Interessant wird die Entwicklung der Preise und damit der Inflation und deren Auswirkungen. Aktuell argumentieren die großen Notenbanken, dass es sich bei der Preisteuerung um ein vorübergehendes Phänomen handelt. Da sich die aktuellen Inflationsraten immer auf das Vorjahr beziehen und diese damals durch die Pandemie gedrückt wurden (speziell die Rohstoffpreise), kann man dieser Argumentation folgen. Andererseits kann es sein, dass sich in Folge der Pandemie die Lieferketten nicht so schnell erholen und es länger zu Knappheiten bei verschiedenen Gütern und Rohstoffen kommt, was für eine länger anhaltende Inflation spricht. Beide Möglichkeiten sprechen für eine Anlage in Aktien, da Zinsen den Kaufkraftverlust nicht auffangen können. Auf der Zinsseite können inflationsgeschützte Anleihefonds eine interessante Alternative sein.
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