Deutschland
Sowohl im 2. Quartal dieses Jahres als auch im aktuellen Quartal dominieren die negativen Nachrichten. Der Krieg in der Ukraine dauert an. Die Waffenlieferungen erhöhen das Risiko als Kriegspartei angesehen zu werden. Aktuell dominiert das Thema der Energieversorgung. Hierzu zählt auch Gas, bei dem Deutschland die größte Abhängigkeit von Russland hat. So ist es auch wenig verwunderlich, dass hier die Verunsicherungen ausgehend von Russland zunehmen. So ändern sich die Liefermengen laufend, die Begründungen hierzu auch. Was sich wohl sagen lässt, ist, dass Russland weiterhin versucht über Energielieferungen Deutschland und die EU zu spalten. Wobei ein totaler Gaslieferstopp eher unwahrscheinlich ist. Die Infrastruktur kann nicht sofort verändert werden und eine Gasquelle kann nicht stillgelegt und wieder hochgefahren werden. Dennoch wird der Kreml dafür sorgen, dass dieses Thema weiter aktuell bleibt. Die politische Konsequenz für Deutschland sind Einsparungen i. H. v. 15% und die Reaktivierung von Kohlekraftwerken. Wir erwarten für das 3. Quartal weiterhin volatile Aktienmärkte. Positiv für deutsche Unternehmen, speziell für große Unternehmen, ist die internationale Aufstellung, die die Abhängigkeit vom deutschen Markt reduziert (sowohl auf der Einkaufs- wie auf der Verkaufsseite). Ebenfalls sind viele negative Nachrichten bereits in die Kurse eingepreist, so dass „nur“ negative Überraschungen zu weiteren Abschlägen führen könnten.
Europa
Politisch hat die ganze EU mit denselben Themen wie Deutschland zu tun. Der Krieg in der Ukraine wird zur Belastungsprobe. Die Inflation ist in ganz Europa sehr hoch, auch die Lieferketten stocken und belasten die Wirtschaft weiterhin. Die EZB hat in ihrer Julisitzung eine Zinserhöhung von 0,50% beschlossen und somit etwas mehr als erwartet erhöht. Mit dieser Zinserhöhung wurde ein Instrument eingeführt, um die Zinsunterschiede der Staatsanleihen in Europa begrenzen zu können (TPI). Vereinfacht gesagt, kann die Notenbank Anleihen von Staaten aufkaufen, um deren Zinsen zu drücken. Dies soll nur bei Spekulationen gegen europäische Staaten greifen und nicht bei fundamental gerechtfertigten Zinsausweitungen. Genauere Informationen, wie bzw. wann die Notenbank konkret eingreift, wurden nicht bekannt. Ziel der EZB ist es, die „Fragmentierung“ (unterschiedlich hohe Zinsen auf Staatsanleihen) der Anleihemärkte zu verhindern, die in einer neuen EUR-Krise münden könnte. Allerdings ist die EZB in einer schwierigen Situation - so versucht sie mit der Kombination aus TPI und Zinserhöhungen einen Mittelweg zwischen Inflationsbekämpfung und Staatsschulden zu finden. Wir sind für Europa etwas pessimistischer bezüglich der Entwicklung an den Finanzmärkten und rechnen mit längerfristig hohen Inflationsraten und niedrigerem Wachstum (Stagflation).
USA
Die amerikanische Wirtschaft befindet sich bereits in einer technischen Rezession, das heißt ein negatives BIP Wachstum in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres. Dennoch ist die Inflation hoch, so dass auch im Juli ein Zinsschritt über 0,75% erfolgte. Auch die amerikanische Notenbank muss genau austarieren, wie hoch sie die Zinsen anhebt, ohne für eine zu tiefe Rezession zu sorgen. Sie misst dem Ziel der Inflationsbekämpfung die höhere Bedeutung bei. So signalisieren Preisrückgänge bei Rohstoffen (speziell Kupfer) eine wirtschaftliche Eintrübung, dies wird den Zinserhöhungszyklus nicht beenden. Aktuell werden für das Jahr 2023 Zinssenkungen in den Geldmarkt eingepreist, auch dies kann als Indiz gewertet werden, dass der Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen eine stärkere Bedeutung zugebilligt wird als dem Wirtschaftswachstum. Die Aktienmärkte haben sich im Juli erholt. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass bereits viele negative Informationen in den Kursen an den Finanzmärkten eingepreist sind. Auch die Ergebnisse vieler Unternehmen sind robust und am Arbeitsmarkt herrscht Vollbeschäftigung. Die weitere Entwicklung in den USA wird von Zinserhöhungen und der Inflationsentwicklung stark beeinflusst werden. Historisch dauerten Inflationsphasen in den USA 30 Monate*. Im Schnitt setzt nach 18 Monaten Inflation eine Rezession ein. Anleger sollten sich also auf weiterhin volatile Finanzmärkte einstellen.
*Studie Strategieberatung Bain und Company April 2022
Asien/Schwellenländer
Durch die Reise von Frau Pelosi nach Taiwan wurden die Risiken des asiatischen Raums in unser Gedächtnis zurückgerufen. China antwortete mit Militärmanövern und verbalen Drohgebärden. Das Verbrauchervertrauen in China ist auf einem Allzeittief. Belastende Faktoren sind die Null-Covid-Strategie und die damit einhergehenden Lockdowns. Die Arbeitslosenrate liegt bei 5,5% („normal“ 4%), die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 18% und ist damit sehr hoch. Aufgrund der sich abkühlenden Wirtschaften in den USA und Europa können die Exporte die Stagnation im Inland nicht mehr kompensieren. Auch die Immobilienwirtschaft kämpft weiterhin mit einem Überschuldungsproblem. In einigen asiatischen Ländern kann die LNG (Flüssiggas) Nachfrage aus Europa zu Energieengpässen führen. Aufgrund dieser Probleme sind wir mit Investments in Schwellenländern zurückhaltend, zumal höhere Dollarzinsen auch zu einem Umschichten von Schwellenländerinvestments in US-Anleihen führen können.
Zusammenfassend stellen wir Folgendes fest:
Im Aktienbereich sollte weltweit in Titel investiert werden, die ein nachhaltiges Geschäftsmodell vorweisen können. Schwerpunkte sollten demnach Unternehmen mit soliden Dividenden und möglichst konjunkturunabhängigen Geschäftsmodellen sein. Wir finden Unternehmen aus den Branchen Basiskonsum oder auch aus der Pharmaindustrie interessant. Auf der Rentenseite sind Fonds, die in kurzlaufende Papiere oder auch variabel verzinsliche Anleihen investieren, interessant. Im Mischfondsbereich tendieren wir zu flexiblen bzw. auch ausgewogenen Investmentansätzen. Beimischungen im Technologiesektor können für gewinnorientierte bzw. spekulative Anleger nach wie vor interessant sein, soweit ein annehmbares Kurs-/Risikoverhältnis besteht.
Bleiben Sie gesund!
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